Sonntag, 28. Juni 2009

Lisa

Lisa besass kein Handy. Sie hatte keinen Internetanschluss. PCs waren ihr fremd. Noch nie hatte sie gechattet, sich per ICQ irgenwen aufgegabelt oder sich gar eine e-mail-Adresse zugelegt. Lisa war trotz alledem eine moderne Frau. Sie stammte aus einer ländlichen Region und hatte sich soeben eine kleine Wohnung im Aussenstadtquartier zugelegt. Nein, eine Grossstadt war das nicht, wo sie jetzt lebte – aber doch was ganz anderes als das kleine Dorf, das weder Bahnhof, noch Post, noch Tante-Emma-Laden, noch Kirche besass. Das einzige, was ihr Dorf sein Eigen nannte, war eine lärmige Durchgangsstrasse, die in die besagte Stadt führte, deren Einwohner nicht einmal die 1-Mio-Grenze überschritten. Lisa war neugierig auf das Leben dort und betrat mit Herzklopfen die kleine stickige Bar, in der sie von nun an arbeiten würde. Speziell für ihren ersten Arbeitstag hatte sie sich eine neue Jeans gekauft, mit Reissverschluss am Hintern, damit das Kleidungsstück besser anlag. Sie trug ein orangefarbenes T-Shirt, das ihre Brüste gut zur Geltung kommen liess, und hatte sich in einem Klunkerladen die passenden Ohrclips dazu gekauft. Lisa freute sich auf den Job hinter dem Tresen. Sie wusste, dass das Gastgewerbe allgemein schlecht bezahlt war – und wenn schon, dann Tresen. Sie hätte es nicht gemocht, zwischen den Gästen herumzuwuseln, sich den Hintern betatschen zu lassen oder sich Vorwürfe von Leuten anzuhören, die schon seit einer Minute auf die Rechnung warteten. Viel lieber schenkte sie Bier ein, schwenkte Gläser und beobachtete die Kundschaft. Auch Lisa wurde beobachtet – insbesondere von Herrn K., der über die Verhältnisse im Quartier gut angezogen war und ein sympathisches Gesicht mit einer etwas grob geratenen Nase hatte. Wie ein Adler beobachtete Herr K. jede von Lisas Bewegungen. Sie bewegte sich anmutig und wirkte mit ihren 20 Jahren frisch, was Kunden anzog. Zwischendurch rückte sie ihre Jeans zurecht; in diesen Momenten erheischte Herr K. einen kurzen Blick auf ihren nackten Bauch. Lisa trug kein Piercing. Selbst Tattoos waren ihr fremd. Den Begriff "Tätowierung" kannte sie aus den Seemansbüchern ihres Vaters – "Tattoo" als Modebegriff war aber an ihr vorbei gegangen. "Noch ein Heineken?" fragte sie Herrn K. freundlich. Dieser nickte stumm und betrachtete ihre Hände, die sich geschickt am Zapfhahn zu schaffen machten. Lisa kannte niemanden in der Stadt. Ihre Wohnung befand sich direkt über der Kneipe – was, wie sie wusste, ein Vorteil des Personals im Gastgewerbe war: Solche Leute fanden immer eine Wohnung in der Nähe ihres Arbeitsplatzes. Eingehend studierte Herr K. Lisas BH, der sich unter dem T-Shirt abzeichnete. Dann ging er los. Stichwortartig verfasste er das Drehbuch zum ersten Pornofilm seines Lebens. Lisa würde die Hauptdarstellerin sein. Ihre offensichtliche Naivität, ihr perfekter Körper und ihre Ausdruckskraft machten sie perfekt für seinen Plan. Er spitzte einen Bleistift und setzte sich ans Fenster, obwohl es draussen dunkel war. "Junge Frau, so an die 20, testet zum ersten Mal in ihrem Leben einen Vibrator vor laufender Kamera", so fabulierte er und schlief über seiner Schreibmappe ein. Tags darauf liess er sich in einem kleinen Sexshop beraten. Die Vielfalt an Dildos war wohl kaum zu übertreffen; diese Geräte schienen einem Bedürftnis zu entsprechen. Prüfend wog er die Apparate in der Hand, befasste sich mit Farbe, Funktion und Batterie-Lebensdauer. Dann entschloss er sich mutig zum Kauf eines knallroten "doppelten Tarzans"; eines Dildos also, der zwei Hälse besass. Einen kürzeren, schmaleren für den Anus und einen längeren, dickeren für die Scheide. Neckisch waren die beiden kleinen Köpfchen, die an den Enden des Geräts rotierten. Am Abend verwickelte Herr K. Lisa in ein Gespräch und erfuhr vieles über ihre Herkunft. Lisa war das Jüngste von sieben Kindern; all ihre sechs Schwestern waren von zuhause ausgeflogen und verdienten sich irgendwo in der Welt ihren Lebensunterhalt. "Wirst Du eigentlich gut bezahlt hier?" fragte Herr K. beiläufig. Sein Herz schlug bis zum Hals. "Ach…" Lisa seufzte. "Reicht gerade so um die Miete zu bezahlen. Mehr nicht." "Möchtest Du etwas dazu verdienen? Ich drehe einen Film." Herr K. verschluckte sich an seinem Bier und musste husten. Lisa lächelte. "Und ich soll da… wohl mitspielen?" "Ich sehe Dich in der Hauptrolle", hörte Herr K. sich sagen und streifte mit seinem Blick Lisas sportlichen Busen. Nach längerem Hin und Her wurden die beiden sich handelseinig. Herr K. würde Lisa in ihrer Wohnung, in ihrer vertrauten Umgebung, filmen – am folgenden Pfingstwochenende, wenn die Kneipe eh zu war. 500 Euro würde sie von ihm erhalten.Aufgeregt wartete sie das Weekend ab. Was der Mann wohl von ihr wollte? Er war ihr von Anfang an aufgefallen – als Stammgast der "Plattform", wie das Lokal hiess. Genau. Eine Plattform würde er ihr geben – man wusste ja nie, was aus solchen Filmereien wurde. Endlich war Samstag Mittag. Lisa duschte sich ausgiebig und hatte sich kaum abgetrocknet, als es klingelte. Sie betätigte den Türöffner und zog sich eiligst an. Herr K. drückte ihre Hand und sah ihr tief in die Augen. "Du wirst einiges von Dir zeigen müssen, Lisa", bemerkte er. "Schaffst Du das?" Mit einem nachhaltigen Geräusch stellte er seine Kameraausrüstung hin und entnahm dem Koffer zwei Leuchten. Lisas Wohnraum war winzig. Überall standen Erinnerungen aus ihrem Dorf; Fotos, alte Wurzeln gefällter Bäume, Schuhe ihrer ältesten Schwester, die in Amerika weilte und die Lisa so schnell nicht wieder sehen würde. Herr K. verdunkelte den Raum und breitete auf dem Boden ein grosses schwarzes Leintuch aus. "Drehen wir einen Trauerfilm?" fragte Lisa belustigt. Herr K. antwortete nicht und bedeutete ihr, sich aufs Sofa zu setzen. "Fühl Dich ganz wie zuhause. Ich werde, falls Dich das nicht stört, alles filmen, also auch die Gespräche, die wir jetzt führen. Lisa war mit einem Mal mulmig zu Mute. "Möchtest Du etwas trinken?" Herr K. verneinte. Wie wunderschön diese Frau war! Sie trug eine perfekt sitzende schwarz-weiss gestreifte Hose und ein buntes Oberteil, das wohl aus Indien stammte. Lisas langes Haar war noch nass; sie schüttelte es nach hinten. "Und jetzt? Was willst Du von mir?"
Herr K. wog das Päckchen aus dem Sexshop in der Hand, als sähe er es zum ersten Mal und würde den Inhalt nicht kennen. Er überreichte es Lisa. "Pack das aus." Lisa nestelte am Klebstreifen und zog am Zellophan. Sie hielt die Schachtel mit dem Spielzeug in den Händen. "Was… ist das?" fragte sie Herrn K. verwundert. Was diese Städte alles zu bieten hatten… Die Frauen trugen hier Strings, etwas, das Lisa noch nie anhatte, sie schmückten sich mit modischen Handies und hatten Kühlschränke, von denen ihre Mutter bloss träumte. Spielzeug hatten die wohl auch. Lisa öffnete den Karton. "Das ist ein doppelter Tarzan", erklärte Herr K. "Ich möchte, dass Du damit spielst". Es kam verständlicherweise zu einem längeren Hin und Her. Da Herr K. aber sehr ruhig und gelassen wirkte, liess sich Lisa endlich überreden zu ihrem ersten Kontakt mit einem Dildo. Herr K. richtete die Kamera. Lisa öffnete ihre Gürtelschnalle. Herr K. musste lächeln als er ihren sonnengelben Slip sah. "Diese Frauen vom Land aber auch…" dachte er bei sich. Lisa in Unterwäsche! Wie mancher Barbesucher da unten hätte sich wohl gewünscht, sie mal so zu sehen! Und ihm, Herrn K., war dieses private Glück beschieden! "Den BH möchte ich aber an behalten", bat Lisa, "ich fühle mich sonst so nackt…" Herr K. willigte ein und filmte Lisa beim Ausziehen ihres Slips. Wie er ihren vollen, unschuldigen Busch liebte! Da war nix rasiert, noch nicht mal an den Seiten. "Kannst Du mal die Arme hoch halten?" Auch in den Achseln war Lisa behaart, was Herrn K. einen Wonneschauer durchs Rückenmark jagte. "Naturfrau", brummelte er, "eine echte, süsse Naturfrau!" Lisa benötigte kaum Regieanweisungen. Sie kniete sich erst mal hin und hielt ihren nackten Hintern in Herrn K.’s Kamera. Sie bewegte ein wenig die Hüften, als hätte sie derartige Aufnahmen schon öfters gemacht. Dann legte sie sich auf den Rücken und suchte den Auslöser des "doppelten Tarzan". Sie schloss die Augen. Herr K. filmte ihre Füsse, die rot lackierten Zehennägel, die Knie, Lisas Schenkel, ihr dichtes Vlies, unter dem die Schamlippen kaum zu erkennen waren, ihren straffen Bauch und den blauen BH mit den weissen Wölkchen drauf. "Geil", murmelte er. "Gefällt Dir, was Du siehst?" fragte Lisa unschuldig. Endlich war ein Summen zu hören; der "doppelte Tarzan" war in Bewegung. Sachte drehten sich die beiden Köpfchen. "Etwas Vaseline?" Die Frau im Sexshop hatte Herrn K. beraten. Lisa schaute ihn an. Etwas eigentümlich war die Situation schon. Sie kannte diesen Mann ja gar nicht, hatte noch nicht mal über Privates mit ihm geredet geschweige denn mit ihm geschlafen… und gab sich jetzt derart preis. "In der Grossstadt geschehen solche Dinge wohl jeden Tag", tröstete sie sich und rieb sich etwas Gleitcrème in den Anus. Dann setzte sie den Dildo an. Es war ein Gerät der allerneuesten Generation; die Dinger wurden in Litauen hergestellt und kamen dank der neuen EU-Mitgliedschaft des Landes billig nach Deutschland. "Ahhh…" entfuhr es Lisa. "Ahhh…". "Ich mag es wenn Du stöhnst", erwiderte Herr K. Er legte die Kamera zur Seite und begann, Lisas linken Fuss zu massieren, mit kreisförmigen, zärtlichen Bewegungen. Er liebte die Frauen ja, wollte, dass es ihnen gut ging. Ein Schwein war er doch keineswegs. Damit er etwas mehr von ihrem Geschlecht sah, hob er ein wenig ihr Bein in die Höhe. "Schieb ihn Dir einfach rein, null Problemo", flüsterte er mit heiserer Stimme. Zwischen ihren Schamlippen war ein Glitzern zu sehen. Lisas rote Flecken am Hals entgingen ihm nicht. Lisa nahm ihre zweite Hand zu Hilfe, dehnte ihr enges Poloch ein wenig… und führte den Zauberstab ein. "Ohhh…" sagte sie. Nur dieses "ohhh…". Dann schob sie sich den grösseren Teil des "doppelten Tarzans" in die Vagina. Seelenruhig massierte Herr K. ihren Fuss, während Lisa sich befriedigte. Endlich zog sie mit einem energischen Ratschen auch ihren BH aus und beförderte ihn in eine Ecke des Wohnzimmers. Herr K. sah die schönsten Brüste seines Lebens. Perfekt proportioniert, mit milchbraunen grossen Nippeln, reif für die Liebe, die Liebe vielleicht durch ihn, den abgebrühten Grossstädter, den "Urban Zombie", als den er sich sah. Herr K. vergass ob diesem Anblick seine Kamera und rieb Lisas Brüste, erst sanft, dann immer heftiger. Später küsste er sie auf ihren halb geöffneten Mund. Der "Doppelte Tarzan" schien ihr gut zu tun; vorsichtig schob sie das Gerät hin und her, hin und her… und hielt die Augen geschlossen. Wild verteilte sich ihr Haar auf dem schwarzen Leintuch. "Darf ich…?" Herr K. nahm sich ein Herz und berührte Lisa dort, wo er ihre Cliti vermutete. Lisas Körper zog sich zusammen. "Hhhhh…" Mehr kam da nicht. "Hhhh." Mit kreisenden Bewegungen reizte Herr K. ihre Knospe. Wie schön sie war, wie wunderschön! Dann nahm die Sache ihren Lauf. Lisa schien die Anwesenheit des fremden Mannes vergessen zu haben und gab sich ganz ihrem Dildo hin, streichelte sich zwischen den Beinen. Herr K. erinnerte sich an den Zweck seines Unternehmens, fasste nach der Kamera, stellte sich mitten in den Raum und filmte das sich vor Lust windende Landmädchen. Lisa warf sich von einer Seite zur anderen, zog die Beine an, streckte sich als stünde sie unter epileptischen Krämpfen. Fast biss sie sich die Lippen blutig, so erregt war sie. Am stärksten erregte sie das brummende Geräusch ihres "neuen Freundes" und die absolute Coolness von Herrn K., der da einfach so über ihr stand und filmte, filmte, filmte… dann erfassten Glutwellen ihren Körper, den geilen, heissen Körper der Landfrau Lisa B., und trugen sie davon.
Lisa besass kein Handy. Sie hatte keinen Internetanschluss. PCs waren ihr fremd. Noch nie hatte sie gechattet, sich per ICQ irgenwen aufgegabelt oder sich gar eine e-mail-Adresse zugelegt. Lisa war trotz alledem eine moderne Frau. Sie besass den besten Dildo der Welt, einen "doppelten Tarzan".

[(c) by Anita I.]

Sonntag, 21. Juni 2009

Das Fenster

Die Mansarde (deutsch: Dachstube) des Theologiestudenten Lukas W. lag zuhinterst in einem langen Korridor, der von mehreren Türen gesäumt war. Diese führten zum Teil ebenfalls zu bewohnbaren Dachräumen, zum Teil aber auch zu schlecht isolierten, zugigen Estrichkammern, in denen sich im laufe der Jahre allerhand Unrat wie kaputtes Kinderspielzeug, ausgediente Nachttöpfe und Bastelreste angesammelt hatten.Jeder Mietpartei des fünfstöckigen Hauses waren eine Mansarde und ein Estrichraum zugeteilt. Die meisten Mansarden, früher Kammern für das Gesinde, waren im Lauf der Zeit als Gästezimmer zweckentfremdet worden; einzelne wurden an dubiose allein stehende Herren sowie an Studenten weitervermietet.
Lukas, ältester Sohn einer kinderreichen Bauernfamilie, deren grösster Stolz auch, war fleissiger Theologiestudent im ersten Semester. Nächtelang kapselte er sich in seiner "Lernburg", wie seine Dachkammer von spöttischen Kollegen bezeichnet wurde, ein und versenkte sich von allem Anfang an in Texte, die eigentlich höheren Semestern vorbehalten waren, aber sie halfen ihm, das unumgängliche Latein und Hebräisch etwas besser zu ertragen. Seine besonderen Interessen galten dem Alten Testament - verwundert stellte er fest, dass doch noch mehr Widersprüche vorhanden waren, als er sich gedacht hatte, und er war bereits in den einfachen Ansätzen der meisten Gleichnisse von der Schlüsselsprache der Bibel stark überfordert.
In solchen Momenten legte er dann sein Buch beiseite und starrte durchs Riegelfenster, unter dem sein Schreibtisch stand, in die Nacht hinaus. Und an diesem Abend entdeckte er zum ersten Mal das Gesicht. Es war das Gesicht eines Mädchens, und sie lugte hinter einem vorhanglosen Fenster hervor.
Da die beiden alten Häuser nahe zusammengebaut waren, sah Lukas, dass ihn die Augen in diesem Gesicht unentwegt fixierten. Nicht bloss die dunklen Augen, nein, auch die hellbraunen, gelockten Haare, die weich gezeichneten Lippen und die keck dreinschauende, feine Nase schienen Lukas festhalten zu wollen.
Doch da war das Gesicht verschwunden, genauso unerwartet, wie es aufgetaucht war. Kurz darauf erlosch auch das flackernde Licht, welches das Fenster soeben noch geisterhaft erhellt hatte.
Lukas rieb sich die Augen, schüttelte den Kopf, blickte kurz auf seine Uhr und beschloss, seine Bibelstudien am nächsten Tag fortzusetzen. Doch er konnte lange nicht einschlafen. Zum einen quälten ihn Zukunftssorgen: Er hatte drei Tage zuvor einen langen Brief von seiner Mutter erhalten. Der Vater sei plötzlich erkrankt, sei für längere Zeit arbeitsunfähig, und es sehe schlimm aus. Der Hof müsse wahrscheinlich weiterverpachtet werden, da sie nicht in der Lage sei, ihn allein zu führen, und die Geschwister noch zu jung seien, um die Verantwortung mit ihr zu teilen. Im Moment reiche es noch fürs Essen, aber leider könne sie an Lukas' bescheidenen Lebensunterhalt nichts mehr beisteuern.
Durch diese Zeilen hindurch hörte Lukas den Hilfeschrei seiner Mutter. Er wurde mit einem Mal von einer unbeschreiblichen Wehmut befallen. Etwas später wanderten seine Gedanken zum Mädchengesicht. Es zog ihn wieder an sein Mansardenfenster, doch gegenüber blieb es dunkel. Lukas legte sich hin, starrte zur Decke und fasste noch in derselben Nacht einen Entschluss.
Am nächsten Tag perlten die Vorlesungen an Lukas hinunter. Nichts, aber auch gar nichts blieb haften. Lukas überdachte seine Entscheidung. Sein Studium, das ihm ohnehin Mühe bereitete - nicht zuletzt wegen der vielen Kommilitonen, die sich allzu kritisch mit der Glaubenslehre auseinandersetzten und sich von den "wahren Katholiken" mit erschütterndem Hochmut abwandten - wollte er aufgeben, um seiner Mutter bei der harten Arbeit auf dem Kleinbauernhof beizustehen. Nicht dies jedoch lenkte ihn von den Vorlesungen ab. Die Mutter zu unterstützen bedeutete für Lukas vor allem Erholung; eine willkommene Abkehr vom Bücherleben. Nein, Lukas hatte beschlossen, sich seinen Studien fortan hinter Klostermauern zu widmen und Mönch zu werden. Die Tragweite dieses einsamen Entschlusses versuchte er jetzt zu erfassen und abzustecken.
Er hatte nämlich immer wieder festgestellt, dass die sezierende Denkweise, mit der an der Universität an die Theologie herangegangen wurde, für ihn nicht länger haltbar war. Viele Äusserungen der Professoren und vor allem seiner Mitstudenten waren ihm zu intellektuell und allzuweit entfernt vom wahren Wesen der abendländischen Religion, deren Sinn es doch war, Nächstenliebe gegenüber gleichdenkenden Menschen zu üben, das Christentum in der Welt zu festigen und Ketzer zu verdammen!
Am meisten entsetzten ihn diejenigen Studenten, die mit leuchtenden Augen verkündeten, Christus sei inden letzten zweitausend Jahren unzählige Male erneut vor die Menschheit getreten; nur sei er von den jeweiligen klerikalen Machthabern nie als solcher erkannt worden: Als Jeanne d'Arc, als Giordano Bruno, als Robespierre und in neuerer Zeit vielleicht als Rudi Dutschke, als Ulrike Meinhof, sei aber immer wieder auf dem Scheiterhaufen den Flammen der Intoleranz zum Opfer gefallen, von den Inquisitoren aller Zeiten zur Hexe, zum Ketzer oder zum Demagogen gemacht und sei mit dem unerschütterlichen Hochmut einer selbstherrlichen Gerechtigkeit den katholischen oder in neuerer Zeit den imperialistischen Folterknechten und Henkern ausgeliefert worden.
In seinem Herzen war Lukas tiefreligiös im orthodoxen Sinne: Nur der Katholizismus, diese reinste aller Glaubensrichtungen, durfte überleben. All die Behauptungen seiner Kommilitonen, dem Katholizismus hätte die Menschheit bisher mehr Kriege, Unterdrückung und Zwist zu verdanken als etwas anderes, lehnte er als gotteslästerlich und zynisch ab.
Imagine there's no heaven
And no religion, too
Er hasste sogar John Lennon und beglückwünschte heimlich dessen Mörder.
Für Lukas kam nur ein strenger Orden in Betracht - er dachte an den Zisterzienser- oder Kapuzinerorden. Er suchte einen straffen Zeitplan und eine strenge Führung, damit nichts ihn mehr von seinem Glaubenspfad ablenkte. Ausserdem war so für seinen Unterhalt gesorgt und er war nicht mehr auf die Almosen von Staat und Eltern angewiesen.
Gedankenversunken machte er sich am Abend auf den Heimweg, gedankenversunken stieg er die vielen Treppen zu seiner Mansarde hoch, gedankenversunken setzte er sich an seinen Schreibtisch. Es war bereits dunkel, die gegenüberliegende Hauswand wurde von einer Strassenlampe schwach erhellt. Lukas fror, denn ein eisiger Wind blies durch die Holzritzen des Fensters, die sich im Laufe der Zeit verzogen hatten. Die Ritzen hatte er immer wieder mit Zeitungspapier verstopft, aber die Kälte liess ihn trotzdem nicht in Ruhe.
Da war es wieder. Diesmal nicht nur das Gesicht, die Augen, in denen ein sehnsüchtiges Feuer brannte, sondern auch der Hals und die entblösste Schulterpartie. Reglos sass Lukas da. Es schien ihm, als formten die Lippen der geheimnisvollen Frau die ganze Zeit über ein Wort, und jedes Mal, wenn es ausgesprochen war, beschlug sich das Fenster gegenüber. Lukas war es mit einem Mal, als spüre er ihren Atem. Gebannt blickte er auf den Mund der jungen Frau, nachdem sie mit einer langsamen Bewegung das Kondenswasser weggewischt hatte. "K...o...m...m...". Sie bewegte die Lippen jetzt deutlicher, so dass Lukas jedes Wort erkennen konnte, das sie formte.
"Man...hat....mich...zur...Hexe...erklärt...damals...und...verbrannt...komm...liebe mich!"
Lukas wurde von einem tiefen Grauen gepackt, konnte aber nicht anders, als immerfort hinüberzustarren. Wieder löste sich das Mädchen im Nichts auf, und bald darauf erlosch das Licht.
Wenn Lukas kurz zuvor noch geglaubt hatte, am vergangenen Abend hätte ihm die Überreizung seiner Nerven einen Streich gespielt, so war er jetzt mit einemmal von der Echtheit des Mädchens überzeugt. Ihm war bis dahin bei den Frauen kein Erfolg beschieden gewesen, da er sehr scheu war und seine unruhigen Augen ständig umherirren liess, so, als suche er etwas.
Er konnte Frauen auch sehr schnell vor den Kopf stossen, was aber nicht Arroganz oder Zudringlichkeit, sondern eher eine extreme Äusserung seiner Hilflosigkeit war. Dies gipfelte in unbedachten Bemerkungen, die oft zutiefst beleidigten. Einmal hatte er eine Kollegin zum Kaffee eingeladen und unterhielt sich mit ihr über alltägliche Dinge, bis sie ganz unerwartet zu weinen anfing. "Mein Bruder sietzt im Gefängnis; lieder kann ich Dir nicht sagen, warum - er hat etwas getan, dessen isch mich sehr schäme und mit dem ich wohl nie fertig werde!"
"So etwas würde mir nie passieren!" erwiderte Lukas, der ja gar nicht wusste worum es ging und sich gut darstellen wollte. Kopfschüttelnd hatte sie sich erhoben und die Bar verlassen, ohne ihn noch einmal anzublicken.
Lukas legte sich ins Bett und konnte wieder nicht einschlafen. Noch immer wusste er nicht, was ihn am Mädchen gegenüber so gefangen nahm. Gewiss, sie war hübsch, und mit den Locken, die ihr feines Gesicht umrahmten, hätte sie bestimmt ein schönes Gemälde abgegeben. Aber - das war es wohl! - die junge Frau strahlte kein Leben aus - auch wenn ihre Augen sprühten und ihre Lippen sich bewegten. Sie wirkte auf unerklärliche Weise entrückt - wie ein gemaltes Portrait, von dem man den Blick nicht abwenden kann.
Am nächsten Morgen erwachte Lukas mit starken Kopfschmerzen. Er blieb daher den ganzen Tag über im Bett und liess seine Augen immer wieder üer die fleckige Tapete und den alten Sekretär streifen, der ganz knapp unter einer abgeschrägten Wand Platz gefunden hatte. Lukas war spartanisch eingerichtet; ausser einem zerschlissenen, ehemals bunten Handwebteppich, einem rostigen Druckausgleichgefäss bei der Heizung, dem Schreibtisch, drei Körben mit Büchern, dem Sekretär und seinem alten Bett, das er von zuhause mitgebracht hatte, war die Mansarde leer.
Hunger verspürte Lukas den ganzen Tag über nicht; für den Notfall fanden sich ein paar Lebensmittel in einem Korridorschrank.
Draussen hatte ein wirres Schneetreiben begonnen, und Lukas war froh um das Druckausgleichgefäss neben seinem Bett, das etwas Wärme abgab.
Und mit einem Mal war es wieder da.
Beinahe hätte Lukas aufgeschrien, so unmittelbar erschien das Mädchengesicht - direkt vor seinem Fenster, so, als ob es frei im Raum schwebte. Nein, nicht nur das Gesicht! Diesmal war ihr ganzer Oberkörper bis zum Nabel entblösst. Lukas lag, von Gefühlen hin- und her gerissen, in seinem Bett. Er konnte genau sehen, wie ihre Wangen glühten, ihre Augen vor Leidenschaft glänzten und wie ihre Brüste die kalte Fensterscheibe berührten.
Lukas lag wie gelähmt. Seine starke Erektion irritierte ihn. Ganz nah sah er jetzt die prallen Brüste des Mädchens vor sich. Die linke Brustwarze näherte sich seinem Mund, so, als wollte sie ihn stillen. In seinen Gedanken war sie nicht nur bis zum Nabel entblösst, sondern splitternackt. Lukas nahm seinen steifen Penis in die Hand und begann zu reiben. Gleichzeitig verwünschte er sich. Hatte er das Recht, solches zu tun? Was wollte ihm diese Frau mitteilen? Nackte Torsos kannte er bestenfalls vom Lateinunterricht, aus den Bildbänden zur griechischen Kunstgeschichte und, ja, vom Kioskaushang am Bahnhof. Mit schlechtem Gewissen drückte er an seinem Penis herum und stellte sich vor, ein paar Apostel würden ihm dabei zusehen. Ob das Mädchen wieder am Fenster stand? Was verbarg sich eigentlich genau unter dem verführerischen Schamhaardreieck einer Frau? Wie genau vereinigte man sich eigentlich mit diesen Wesen? Von vorn? Von unten? Aber… dann musste der steife Penis ja einen Knick machen, damit er eingeführt werden konnte? Lukas' Atem beschleunigte sich. Über sich hatte er die Dachschräge, vor sich das Fenster, das hell schimmerte. In seinen Gedanken sah er die Lippen des Mädchens. Sie bewegten sich ganz langsam; sein Glied hätte perfekt in die verführerische Öffnung ihres Mundes gepasst. Ihre Lippen öffneten und schlossen sich aber, formten dieselben Worte wie am Vorabend.
Diesmal war es Lukas sogar, als höre er ihre leise Stimme.
"N...n...nein! Nein!! Nein!!!" schrie er auf, das Mädchen aber liess sich nicht beirren und formte, beinahe unhörbar, ihre Worte:
"Man...hat....mich...zur...Hexe...erklärt...damals...und...verbrannt...komm... liebe mich!"
In einem Anflug von Mut aus Verzweiflung sprang Lukas aus seinem Bett, kniete sich auf den wackligen Schreibtisch, riss das Fenster auf, lehnte hinaus, machte die Fensterläden los und konnte sie gerade noch schliessen, als der Tisch unter ihm nachgab. Lukas' Kopf schlug mit voller Wucht gegen die Wand, und kurz zuvor war ihm gewesen, als hätte er ein silberhelles Lachen gehört. Dann verlor er die Besinnung.
Tief in der Nacht schlug er die Augen auf und wusste zuerst nicht, wo er war. Er stand vorsichtig auf und streckte die schmerzenden Glieder. Draussen war es totenstill. Wie ein geschlagener Hund verkroch sich Lukas unter der Bettdecke. Bald wurde er von einem bleiernen Schlaf übermannt.
Er träumte von einer Allee mit hohen Pappeln in einer italienischen Stadt. Die untersten Fenster der Reihenhäuser, denen er entlang ging, standen alle offen. Hinter diesen Fenstern tauchten Frauenköpfe auf, aber was waren das für Köpfe! Der erste, den er sah, war kahl geschoren und starrte ihm mit leeren Augenhöhlen nach. Der zweite brannte, den zahnlosen Mund zu einem lautlosen Schrei weit geöffnet. Aus dem dritten hing eine schwarze, aufgequollene Zunge, und der Hals zeigte blutunterlaufene Spuren eines fingerdicken Seils. So ging es weiter, bis ans Ende der Allee, und all diese Köpfe nickten dem entsetzten Lukas vorwurfsvoll zu.
Die Frau, die aus dem letzten Fenster in der langen Häuserreihe blickte, kam Lukas bekannt vor. Sie war unverletzt, aber da entdeckte er, dass sie nicht durch ein Fenster blickte, sondern durch eine Guillotine, die in die Mauer eingelassen war. Über dem Hals des Mädchens schwebte die scharfe, schwere Messerplatte. Auch diese Frau nickte Lukas traurig zu. Er ertrug den Anblick nicht und eilte den letzten Pappeln entlang, die, wie er verwirrt feststellte, in einen Kreuzgang mündeten.
Er erwachte schweissgebadet und vermied den Blick auf sein verriegeltes Fenster. Eilends zog er sich an und verliess das Dachzimmer. Es war Mittwoch, der Tag, an dem er sich dem Abt eines Kapuzinerklosters vorstellen sollte.
Nach einer dreistündigen Eisenbahnfahrt erkundigte sich Lukas am kleinen Bahnhof nach dem Weg zum Kloster. Gedankenversunken ging er eine Allee entlang. Sein Herz schlug bis zum Hals als er endlich die ersten Mauern der wuchtigen Klostergebäude vor sich sah. Ein misstrauisch blickender Pförtner stellte sich ihm in den Weg. Lukas stammelte ein paar Worte und wurde eingelassen.
Als die Klosterpforten hinter ihm zuschlugen, griff eine eisige Hand an sein Herz, doch sogleich wurde er vom rundlichen Abt freundlich empfangen.
Im Refektorium wurde das Mittagsmahl aufgetragen, und Lukas' Bewegungen beim Essen wurden von den Patres, Mönchen und Laienbrüdern unauffällig, aber neugierig aus den Augenwinkeln heraus verfolgt.
Als der Abt ihn nach dem halbstündigen Gebet durch den Kreuzgang führte, verspürte Lukas wieder diese Hand an seinem Herzen, und sein Magen zog sich zusammen. "Ist Ihnen unwohl?" erkundigte sich teilnahmsvoll der Abt. "Schon gut", antwortete Lukas, "es ist die lange Reise".
Noch am selben Nachmittag verpflichtete er sich zu absolutem Gehorsam, Abbruch der Kontakte zur Aussenwelt, ständigem Gebet und Ehelosigkeit. Nach diesem Entscheid war ihm irgendwie wohl. Dem Abt hatte er versprochen, sich nach einem Jahr Bauernarbeit bei seinen Eltern vom Draussen zu verabschieden und von da an in Stille und Einsamkeit durch die endlosen Gänge des riesigen Klosters zu wandeln.
Das bedrückend Ewige, das vom Katholizismus ausgeht, hatte auf Lukas an diesem Nachmittag derart tief eingewirkt, dass er seinen Entscheid, an dem er so lange herumgebrütet, nun gleich an Ort und Stelle fällte: Lukas brauchte die Düsternis.
Die seltsamen Ereignisse mit dem Mädchen waren bald vergessen. Am Abend schrieb er, wieder zurück in seiner Dachkammer, den Eltern einen Brief. Er eröffnete ihnen, dass Hörsäle ihm keine Geborgenheit und Kraft zum Glauben vermitteln könnten, das Kloster aber genau das sei, wonach er vermutlich schon sein Leben lang gesucht habe. Das Fenster gegenüber der Mansarde erwähnte er mit keinem Wort.
Er zog sich spät in der Nacht warm an, steckte den Brief in einen Umschlag und stapfte durch den tiefen Schnee zum Briefkasten um die Ecke. Dann kehrte er zurück zu seinem Hauseingang, nicht ohne einen verächtlichen Blick der Häuserwand empor aufs Fenster zu werfen, an dem ihm das Mädchen erschienen war. "Hexe!" brummte er, "Hexe!".
Ein Blutfaden sickert unter dem Guillotinenfenster hindurch, sammelt sich auf dem äusseren Sims in einer Holzrinne und wird in wenigen Augenblicken neben Lukas in den Schnee tropfen.

[(c) by Anita I.]

Sonntag, 14. Juni 2009

Weiss

Hallo, mein Name ist Lydia. Ich arbeite als Krankenschwester in einem Berner Privatspital. Äusserlich falle ich nicht sonderlich auf, glaube ich. O.K. – da ist mein langes dunkelblondes Haar – falls das jemanden von euch interessiert. Ich bin schlank und passe fast in alle Kleider rein. Da es sich um eine erotische Erzählung handelt, darf ich wohl nicht vergessen, euch meinen Busen zu beschreiben. Meist verstecke ich ihn unter weiten Sweatshirts. Ich wünschte ihn mir etwas kleiner, weil ich mich in diesen blöden Bügel-BHs eingeengt fühle. Zumeist sind die BHs, die ich trage, weiss. Hier haben wir das Stichwort: Weiss. Die Farbe meines Lebens. Mich faszinieren Tennis-Meisterschaften. Martina Hingis. Für viele von euch ist diese Frau eine Zimtzicke, ich weiss. Auch Martina steht auf diese Farbe, die in physikalischem Sinne keine ist. Schwarz nimmt alles auf, weiss gibt alles zurück. Weiss ist verräterisch. Uns Frauen ist klar, dass ein weisses T-Shirt unsere Brüste nicht wirklich verhüllt. Ihr Männer wisst das sowieso. Ihr mögt sie doch, unsere aufrechten Nippel, die sich in einer leichten Sommerbrise dunkel und aufregend unter weissen Blusen und Hemdchen erahnen lassen – oder? Würde eine von uns, die wir angestarrt werden, unser T-Shirt oder Top hoch- beziehungsweise herunterziehen, wärt ihr möglicherweise enttäuscht. Ihr würdet den nackten Busen sehen. Nicht mehr und nicht weniger. Verhüllt aber bringen unsere Brüste eure Hormone zum kochen. Viele von uns Frauen spielen damit und lieben den Tanz mit dem Feuer. Oh ja, und ich habe Mut zur Lücke. Dazu stehe ich. Bei der Arbeit trage ich einen formlosen weissen Kasak. Ich liebe es umso mehr, mich nach der Arbeit in Leggings zu zwängen und durch den Bremgartenwald zu joggen. Meine Schamlippen zeichnen sich unter dem Baumwollstoff gut ab, vor allem, wenn ich mich Dehnungsübungen hingebe. Meine Leggings sind übrigens weiss. Gewisse Männer schauen verschämt weg, andere schauen verschämt hin. Glaubt ihr, dass ich anders bin als andere Frauen? Wohl kaum – oder? Gut, dann kann ich weiter von mir erzählen. Ich liebe meinen Beruf. Alles um mich herum ist weiss. Die Kolleginnen, die Wände der Privatabteilung, auf der ich arbeite, die Laken – und sogar der Inhalt bestimmter Infusionen. Weiss ist geil. Ich lebe in der Berner Altstadt, im Mattequartier. Hier sind die Häuser eng ineinander gebaut. Allmählich kommen wir meiner Leidenschaft näher, alles Bisherige war Einleitungsklimbim. In meinem Wohnzimmer liegt ein runder weisser Teppich. Den Flügel habe ich gemietet; leisten könnte ich ihn mir niemals. Zudem spiele ich nicht so gut Klavier, dass die Investition in ein solch teuers Musikinstrument sich lohnte. Wände? Weiss. Vorhänge? Weiss. Dora, meine Zimmerpalme? Ätsch, hereingefallen… sie ist grün, meine liebe Dora, grün, wie es sich für eine gut gepflegte Zimmerpalme gehört. Dora steht am Fenster und schützt mich vor mir selber. Dora schützt die Nachbarn in den Wohnungen gegenüber vor mir und meinem Fernrohr. Es ist ein Gerät mit einem Zeiss-Objektiv; ich habe lange sparen müssen. Keiner von euch Lesern, die nicht mit Fernrohren vertraut sind, kann ahnen, welch pikante Details sich heranzoomen lassen mit einem derartigen Präzisionsinstrument. Was kocht die junge Mutter in der Küche gegenüber? Was brutzelt da in der Pfanne? Doch nicht schon wieder Fischstäbchen… und den tiefgekühlten Spinat setzt sie ihren zwei kleinen Kindern jeden dritten Tag vor. Kein Wunder ist sie allein erziehend. Ihr Mann ist wohl vor ihrer Fantasielosigkeit geflüchtet. Und wie sie sich anzieht! Auch ich trage Leggings, wie ihr bereits erfahren habt – aber doch nicht jeden Tag und erst noch in schwarz und erst noch von morgens bis abends. Diese Schlabberpullis aber auch! Ob sie depressiv ist, die kleine allein Erziehende von gegenüber? Ich schau ihr in die Töpfe. Studiere ihre Figur. Ihr Gesicht. Eigentlich ist ihr Gesicht o.k. – mal abgesehen von den Ringen unter den Augen. Ob sie oft weint? Beim Einnachten ist der Kontrast besser. Ich sehne mich nach den kommenden Sommerabenden, wenn die Strassenlampen ein mildes Licht abgeben, wenn die Hausfassade vom Mond sanft erhellt wird und ich mich hinter mein geliebtes Fernrohr kuscheln kann. Kuscheln in weissen Kissen, versteht sich. Dann bin ich ganz die Lydia, ganz mich selbst. Darf ich euch ein intimes Geheimnis verraten? Schon die Vorahnung, was ich mit meinem Fernrohr alles beobachten könnte, macht mich feucht. Zwischen meinen Schenkeln liegt ein Stillkissen, das ich im Spital geklaut habe. Es schmiegt sich in meinen Schritt. Na, Männer… möchte einer von euch mein Stillkissen sein? Stillkissen haben übrigens nichts mit Stille zu tun, nichts mit Stillhalten, sondern mit Stillen. Bei mir wird dieses wunderbare weisse Kissen zweckentfremdet; ich liebe es, mein Geschlecht daran zu reiben, ganz sanft und behutsam. Noch keiner hat mich da unten berühren dürfen. Darauf bin ich stolz. Ich liebe es aber, zuzuschauen, wenn andere berührt werden. Hinter der nächsten Fensterreihe lebt ein verliebtes Paar. Die beiden sind so was von niedlich. Jeden Abend zünden sie sich drei Kerzen an; die beiden setzen sich immer um 19.00 zum Abendbrot an einen langen Tisch. Kirschenholz, vermute ich. Mein Fernrohr verheimlicht mir nicht mal die leuchtenden Augen von Dieter, der Anna gegenüber sitzt. Die Namen habe ich mir von den Klingelschildern abgeschrieben. Nach dem gediegenen Mahl komplimentiert Dieter seine Anna auf den Tisch, das ist seit einer Woche so. Sie kniet auf einem gelben Kissen, es handelt sich um ein veritables Ritual. Dann ficken die beiden, ohne weitere Umschweife. Kein Vorspiel, keine flankierenden Zärtlichkeiten, nichts. Sie legen einfach mal los, fröhlich und unbeschwert. Ich ahne Annas Keuchen, sie liebt offenbar diese direkte und pragmatische Form von Sex. Pragmatisch? In diesem Zusammenhang ein abtörnender Begriff, ich weiss, ich weiss. Aber ich werde schon wieder feucht, zoome Annas Gesicht heran. Annas offenen Mund. Annas kristallklare Augen. Annas zerzaustes Haar. Dieters Hundeblick. Er nimmt sie von hinten, jedes Mal. Darum sehe ich beide Gesichter, dank dieser archaischen Sex-Position. Anna ist hin und weg – er könnte alles tun mit ihr. Er ist voll bei der Sache, stösst seine Geliebte genüsslich und weidet sich an ihrem süssen kleinen Hintern. Oft wünsche ich mich an Annas Stelle – nur in der Phantasie, versteht sich. Nie würde ich mich auf diese Weise bumsen lassen, igitt! Zuschauen ist doch was ganz anderes, da pflichtet ihr mir bei – oder? Die allein Erziehende im oberen Stock steht noch immer in der Küche – diesmal beim Abwasch. Sie weicht ihre Hände ein – und ein Stock weiter unten wird gevögelt. In der Wohnung über ihr lebt ein Student. Er sitzt jeden Abend am Fenster, vor dem Computer. Wie gerne wüsste ich doch, was auf dem Bildschirm abgeht! Selbst mit meinem Edelfernrohr kann ich aber nicht "um die Ecke" schauen; welch ein Handicap! Gestern Abend, so gegen 22.00 Uhr, war der Student puterrot im Gesicht. Mit dem Kopf ging er immer näher an den Bildschirm ran. Dazu machte er so komische Bewegungen; seine rechte Hand war nicht zu sehen. Dann verdrehte er die Augen und schlug mit dem Kopf am Monitor auf. Sieht so ein onanierender Mann aus?Ich sehe alle, mich sieht keiner. Ich sehe alles, mich sieht nichts. Ich bin Lydia, Krankenschwester in einem Berner Privatspital. Bitte entschuldigt mich, ich muss meine Hose ausziehen. Ich fühle mich so beengt in meiner Kauerstellung. So, im Slip beobachtet sich’s besser. Mein Gott, wie feucht ich bin. Wenn doch einer käme und mich nähme… aber nein, das will ich ja gar nicht. Genommen werden, meine ich. Anna kniet noch immer auf dem Wohnzimmertisch und windet sich vor Lust. Lieber Leser… indem du diese Story liest, beobachtest du auch – mich nämlich. Soll ich dir meinen Busen zeigen? Heimlich, versteht sich… o.k. – versteck dich kurz hinter meinem weissen Flügel, ja? Nicht herschauen, bitte! Ich bin so aufgeregt – und kriege den obersten Knopf meiner Bluse nicht auf. So, geschafft. Meine Bluse ist jetzt aufgeknöpft, und zwar nur für dich allein. Jetzt noch der BH-Verschluss… um ihn zu erreichen, strecke ich meinen Oberkörper etwas Ich strecke ihn dir entgegen. In wenigen Sekunden sind meine Brüste vom Baumwoll-BH befreit. Grosse, schwere Krankenschwesternbrüste. So, jetzt darfst du hinter dem weissen Flügel hervor schauen. Whohah! Magst du mich so, hm? Im Slip und oben ohne? Ich hoffe du hast nichts dagegen, wenn ich mich jetzt kurz von dir abwende – ich muss die Geschehnisse an der gegenüber liegenden Häuserwand weiter verfolgen. Der Student onaniert noch nicht, dazu ist der Abend zu jung. Die allein Erziehende ist nicht zu sehen – sie beschäftigt sich wohl mit ihren Bälgern. Dieter ist unermüdlich und bearbeitet seine Anna. Ob die allein Erziehende deren allabendliches Gestöhn mitbekommt? Ob sie geil wird darob? Oder vielleicht nur traurig… Ob sie sich heimlich befriedigt, wenn die Kinder endlich im Bett liegen und für sie ein weiterer einsamer Tag zu Ende geht? Ob sie weisse Pijamas mag? Auch meine Tage sind einsam, aber es geht mir besser, wenn ich dich, lieber Leser, in meine Nähe projiziere, wenn ich mir vorstelle, wie du hinter meinem weissen Flügel stehst und meinen schweren Busen bewunderst. Nur streicheln darfst du ihn nicht, das ginge zu weit. Nur beobachten und beobachtet werden, das mag ich. Mein Fernrohr mit dir teilen? Dich auch mal spionieren lassen? Nein, mein Lieber, kommt gar nicht in Frage! Ich habe nichts dagegen, mich dir im Slip zu zeigen, obenrum nackt – aber meine innigste Leidenschaft teile ich nur mit mir selbst, so wahr Weiss keine Farbe ist, im physikalischen Sinn. Was geht denn jetzt ab bei Dieter und Anna? Hey… pssst… jetzt entzieht er sich ihr. Annas Augen weiten sich vor Erstaunen. Wenn die beiden jetzt wüssten, dass ich sie beobachte? Dieters Grinsen ist mir schon des öftern aufgefallen – was hat er denn bloss vor mit ihr? Ach, lieber Leser, fast hätte ich dich vergessen. Komm – komm in meine Nähe. Ja, so ist’s gut. Ich fühle, dass du jetzt hinter mir stehst. Ob ich meinen Slip ausziehen soll für dich? Ich tu’s. Es ist aufregend, dich hinter mir zu wissen. Ob Dieter mit seiner geliebten Anna Analverkehr will? Sie mit ihm? Ob die beiden es wirklich wagen? Es wäre schön, lieber Leser, wenn du jetzt mein nacktes Pfläumchen reizen könntest. Ich befinde mich im "Vierfüssler", hab die Ellenbogen aufgestützt, das Fernrohr vor mir – und biete mich dir dar. So mögt ihr Männer uns doch – oder? Stop! Ich möchte nicht dass du jetzt in mich eindringst – noch nicht. Analverkehr ist für mich kein Thema, igitt! Wenn ich schon nur daran denke, dass ich kaum im Stande bin, bei Migräne ein Schmerzzäpfchen in mich einzuführen… mein Pförtchen ist viel zu eng, da ist kein Platz für einen geschmeidigen, prallen Männerschwanz. Ich schliesse kurz die Augen, stelle mir vor ich würde deinen Hoden streicheln. Erregt dich das, hm, Süsser? Anna gegenüber verzieht kurz das Gesicht – nur ganz kurz. Ob Dieter jetzt wirklich in ihrem Anus ist? Mich schaudert. Dieter bewegt seine Hüften ganz vorsichtig und langsam. Annas Gesichtszüge entspannen sich wieder; ihre Augen beginnen zu leuchten - das Leuchten, das ich so liebe.Lieber Leser… du darfst jetzt mein Pfläumchen kitzeln. Nicht in Wirklichkeit natürlich, das könnte ich nicht zulassen – aber in meiner Fantasie. Ahhh… du erregst mich. Nein, mein Fernrohr kriegst du nicht. Jetzt will ich aber dein Rohr. Komm in mich, mein Lieber, lass mich deine Hitze spüren. Es ist Sommer. Magst du mein dunkelblondes Haar? Dieters Bewegungen werden heftiger. Ich halte das nicht mehr aus, nimm mich doch endlich! Wo bist du, Leser? Ach ja, du sitzt zuhause vor deinem PC und befindest dich gar nicht in meiner Wohnung – ich hab dich ja nur herbei phantasiert. Bei Dieter und Anna geht jetzt wirklich die Post ab. Sieht so aus als ob sie vor Lust schreit.Ich fühle mich geborgen in meiner weissen Wohnung. Dora, meine Zimmerpalme, gewährt mir Schutz. Ich bin splitternackt und spüre das warme Stillkissen an meinem feuchten Geschlecht. Hinter mir steht nur mein weisses Klavier, sonst nichts und niemand. Ich sehne mich nach dem Leben der allein erziehenden Frau, nach Dieter und Anna, nach dem Studenten im obersten Stockwerk.Ich bin gefangen in meiner Welt.

[(c) by Anita I.]

Sonntag, 7. Juni 2009

Die Zunft stöhnender Frauen

In einem abgelegenen Dorf lebte einst ein Ziegenhirt mit seiner Frau und sechs Töchtern. Die Älteste hiess Sabea und war die schönste von ihnen. Die Familie war bitterarm; schwerlich liessen sich sieben Frauen mit dem spärlichen Erlös, der durch den Verkauf von Ziegenmilch zustande kam, ernähren. Im trüben Licht der Petroleumlaterne besprach der Ziegenhirt sich eines Abends mit seiner Frau. Draussen tobte ein Sturm und Jonston, so war der Name des Familienvaters, hatte schon mehr als einmal das gesamte Strohdach ersetzen müssen, das seiner Familie Schutz und etwas Wärme bot. Dass das Leben so nicht weiter ging, war beiden klar. Sie liebten ihre Töchter über alles, und wenn sie ihnen eine halbwegs menschenwürdige Existenz sichern wollten, musste eine bisher unerschlossene Geldquelle angezapft werden. Sabea war im heiratsfähigen Alter. Nina, Maute, Orina, Katja, Livia und Inger würden hingegen noch eine ganze Weile im elterlichen Haus leben wollen. Sollte Sabea tatsächlich heiraten, zum Beispiel Holger, den jungen Fischerssohn, würde das erst recht den Ruin von Jonstons Grossfamilie bedeuten. Eine mögliche Aussteuer, die in diesem Fall zu entrichten wäre, bereitete dem Familienvater schon jetzt schlaflose Nächte. Er wusste, dass Dragana, seine Frau, dasselbe dachte wie er. Sabeas Körper, ihre Anmut waren letztlich das Verdienst der beiden Eltern, die in entbehrungsreichen Jahren immer wieder das spärlich gesäte Schöne und Gute ihren Kindern hatten angedeihen lassen. Sabeas erblühende Schönheit sollte sie nicht in ein schwarzes Hungerloch treiben, indem sie die Tochter verheirateten, sondern ihnen allen ein wenig Glück unter das Strohdach bringen, an dem der Wind immer stärker rüttelte. Dragana seufzte. "Sabea wird ihre Würde verlieren", sinnierte sie. "Ihr Blick wird abstumpfen; sie wird an Gewicht zunehmen und in ihrem Schoss werden sich Krankheiten ausbreiten." Jonston schauderte. Er war ein gläubiger Mann und wusste, dass kein Gott dieser Welt es ihm verzeihen würde, wenn er sein geliebtes Kind der Prostitution überantwortete. Natürlich benutzte niemand im Dorf diesen klinischen Begriff. Auch von Hurerei redete keiner, obwohl sie allgegenwärtig war. Nein, man sprach vornehm von der "Zunft stöhnender Frauen". Sabea sollte also der "Zunft stöhender Frauen" überantwortet werden und so ihre Familienmitglieder vor dem Abgrund bewahren, indem sie täglich kläglich ein paar Euro (damals: Gulden) nach Hause brachte. Jonston machte eine Handbewegung, als wollte er eine Fliege verscheuchen. In Wahrheit verscheuchte er nur einen Gedanken. Den Gedanken, wie sich seine Sabea den betrunkenen Bauern im kleinen Zimmer über der Dorfkaschemme öffnete, wie sie ihre zarte Fut den schwieligen Fingern irgendwelcher Kartoffelhelden und Fischrogenheroen preisgab. Was er und seine Frau Dragana nicht wussten: Sabea hatte schon längst ihre eigenen Erfahrungen gesammelt in der "Zunft stöhnender Frauen". Natürlich tat sie das nicht in der Dorfkaschemme. Wie ein Lauffeuer hätte es sich herum gesprochen; ihre Eltern hätten zweifellos davon erfahren und sie dann möglicherweise verstossen, so dachte sie. Ausserdem kannte sie genügend Mädchen in ihrem Alter, bei denen es trotz fleissigen Waschens nie mehr aufhörte, "untenrum" zu brennen. Über Monate hatten sie im Zimmer über der Kaschemme ihr Geld verdient. Dann versiegte der Appetit. Ihre Augen fielen in die Höhlen zurück. Es kamen unerbittliche Gliederschmerzen, Fieber, das Leiden am syphilitischen Primärulkus, geschwollene Lymphknoten. Unbehandelt, weil geheim gehalten, erlagen Sabeas Freundinnen den neurologischen Folgen des Quartärstatiums der bis in unsere Tage gefürchteten syphilitischen Geissel. Sabea war schlauer. Jeden Morgen um fünf Uhr musste sie aufstehen und den reichen Dorfbewohnern –davon gab es einige – Ziegenmilch an die Haustür bringen. Unter den wichtigsten Kunden war der Bürgermeister der umliegenden Dörfer sowie des benachbarten Städtchens, ein hagerer, gut aussehender Mann um die 40. In der Morgenkälte zog Sabea ihr Leiterwägelchen mit den Milchkannen hinter sich her und hatte starkes Herzklopfen, als sie sich dem herrschaftlichen Haus der Bürgermeisterfamilie näherte. Sie wusste um die beiden gefährlichen Hunde, die dem Postboten, dem Fleischer und dem Bäcker, die ebenfalls ihre Produkte an die Haustür lieferten, das Leben schwer machten. Zwischen fünf und sechs schliefen die beiden Köter jedoch tief und bewegten ihre feuchten Lefzen nur im Traum ein wenig. Trotzdem ging Sabea jedes Mal auf Zehenspitzen aufs Haus zu, damit die Tiere nicht durch knirschenden Kies auf sie aufmerksam wurden. Vor ein paar Monaten hatte ihr Herr Lander die Tür persönlich geöffnet. Im Morgenmantel war er vor ihr gestanden, hatte sie freundlich angelächelt und ihr sogar die Hand gereicht. "Schöne Grüsse an deinen Vater!" hatte er ihr ausgerichtet. Sabea hatte diesen Gruss nie weiter geleitet – aus purer Verlegenheit. Tags darauf hatte Herr Lander sie herein gebeten. In der Küche stand eine Tasse dampfender Schokolade, extra für sie. So viel Aufmerksamkeit war Sabea noch nie zuteil geworden. Während sie den Kakao schlürfte, setzte Herr Lander sich zu ihr an den Tisch. Sabea erzählte von ihren Schwestern, dem entbehrungsreichen Leben in der kleinen Hütte und von Lisa, der Ziege, die aufgrund einer Euterentzündung nicht mehr gemolken werden konnte. Sie schilderte diese Begebenheiten ohne einen Anflug von Wehklagen, sondern als Tatsachenbericht. So waren sie einander näher gekommen, das Ziegenmilchmädchen und der Bürgermeister. Eines Morgens führte Herr Lander Sabea in den Keller. Es handelte sich um ein geräumiges Gewölbe mit einer Grundfläche, die um ein mehrfaches grösser war als Sabeas Zuhause. Der Bürgermeister stiess eine Tür auf, und Sabea traute ihren Augen kaum. Die Wände waren mit roter Farbe bemalt; der Boden glänzte mattschwarz. In jeder Ecke des Kellergemachs brannte eine Fackel. Das Hauptaugenmerk zog ein breites, mit einem Brokatüberwurf gedecktes Bett auf sich, das mitten im sechseckigen Raum stand. In dieser Umgebung öffnete Sabea sich zum ersten Mal. Bisher hatte sie sich lediglich unter ihrer Bettdecke gestreichelt, ab und zu, und dies in grösster Heimlichkeit, damit ihre sechs Schwestern, mit denen sie den Schlafraum teilte, davon nichts mitbekamen. Jedes Mal wurde ihr Unterleib dabei warm, und es kitzelte etwas. "Futtches", nannte sie diese intimen Spielchen an ihrem zarten Geschlecht. Als Erstes offerierte Herr Lander ihr eine Erdbeere. Er schob sie Sabea in den Mund – und als diese ihre Lippen um die reife Frucht schliessen wollte, zog er seine Hand mit der Erdbeere zurück. So reizte er das Ziegenmädchen eine ganze Weile und brachte sie zum Lachen. Etwas später verlangte ihn nach Sabeas eigenen "Erdbeeren". Auf natürliche Weise und ohne die geringste Scham knöpfte sie ihre Bluse auf. Sie trug darunter lediglich ein Unterhemd; Büstenhalter waren für sie unerschwinglich. Sie sass auf dem breiten Bett mitten im sechseckigen Raum und gab ihre Brustwarzen preis, die so gross waren wie Schattenmorellen. Der Bürgermeister streichelte ihr honigblondes langes Haar und lutschte versonnen an Sabeas Brüsten. Längst schon hätte sie ihre Ziegenmilchtour fortsetzen sollen, aber sie war wie von Sinnen und vergass die Zeit. Wenn ihre Eltern und Geschwister dies nur geahnt hätten! Sabea, das einfache Ziegenmilchmädchen und der wichtigste Mann im Dorf! Sabea wusste, dass sie hübsch war. Sie wusste es spätestens von dem Moment an, als damals, in ihrem elften Lebensjahr, dunkles, dichtes, gekräuseltes Haar ihre bis anhin nackte Fut zu bedecken begann. Sabea war aber auch klug und berechnend. Sie wusste um die Armut ihrer Familie und um den Reichtum des Bürgermeisters. Und sie wusste um seine Begierde. Seinen Augen hatte sie das entnommen, schon damals, als er ihr in der geräumigen Küche zum ersten Mal einen Kakao offeriert hatte. Darum kokettierte sie jetzt und schob seine Hand immer wieder zur Seite, die Hand des Bürgermeisters, die sich unter ihren Rock schob und sich neugierig ihren Oberschenkeln entlang tastete. Sanft löste Sabea sich von ihm, stand auf und verabschiedete sich freundlich. Dann setzte sie ihre Ziegenmilchtour fort, aber nichts war mehr wie vorher. Der Bürgermeister hatte Gefallen an ihr gefunden und an ihren Brüsten gelutscht. Dabei war ihm sein Haar in die Stirn gefallen, und er hatte ausgesehen wie ein kleiner Junge. Tag für Tag verwöhnten der Bürgermeister und Sabea einander gegenseitig ein klein wenig mehr; Sabea achtete jetzt besser darauf, was für Unterwäsche sie trug. Eine grosse Auswahl hatte sie nicht; sie nannte lediglich drei Paar leinene Unterhosen ihr Eigen. Eins davon war zerrissen; sie tauschte es heimlich gegen ein intaktes Paar, das sie ihrer Mutter aus der Wäscheschublade nahm. Sie würde sich Herrn Lander hingeben, das war für Sabea klar. Er würde ihr "Paradies" erforschen dürfen, und sie würde es geniessen. Sie wagte kaum, daran zu denken und musste in der Schule immer wieder zurecht gewiesen werden, weil sie geistesabwesend war im Unterricht. Alles hatte aber seinen Preis. Ihre schwarz gelockte Fut würde den Bürgermeister einige Gulden kosten, die er auch bereitwillig abdrücken würde, ganz bestimmt. Am nächsten Morgen war es so weit. Um halb sechs Uhr in der Früh klingelte Sabea bei der Familie Lander, und der Hausherr öffnete ihr wie immer im seidenblauen Morgenrock. Mit einem Zwinkern öffnete er die Kellertür; diesmal offerierte er den heissen Kakao direkt im "Liebeszimmer", wie Sabea den sechseckigen Raum in Gedanken nannte. Sie trug eine Kette aus bunten Steinen und ihr einziges Kleid, einen smaragdgrünen Rock mit einem weiten Ausschnitt. Das Haar hatte sie zu zwei Zöpfen geflochten. Sabea sah unwiderstehlich aus. Versonnen spielte Martin Lander an ihrer Steinkette herum und berührte dabei ihren Hals. Sabea fühlte ein elektrisches Knistern, das sich bis in ihre Körpermitte fortpflanzte. Martin schob ihr wortlos die Träger über die Schultern und legte ihre Brüste frei. Dann begann er wie gewohnt zu lutschen; Sabeas Knospen wurden in seinem Mund prall und hart. Sie warf den Kopf zurück. Dann nahm sie seine Hand und führte sie an ihr Geschlecht. Martin Lander begann zu reiben und befühlte Sabeas Spalte, die er unter dem groben Leinenstoff erahnte. Die Unterhose liess sich nicht so einfach zur Seite schieben wie der Seidenslip seiner Frau Anina. Bereitwillig legte Sabea sich auf den Rücken und zog das Unterkleid schwungvoll aus. Martin Lander erhaschte einen Sekundenblick auf ihren nackten Damm, als sie die Beine anzog. Somit war es um ihn geschehen. Mit dem Daumen drang er in Sabea ein; mit den restlichen vier Fingern liebkoste er ihr dichtes Haardreieck. Sabea stöhnte. Sie war auf dem Weg in die "Zunft stöhnender Frauen". Als Martin Lander seinen Morgenrock öffnete und sein schweres Glied federn liess, verweigerte Sabea sich. "Tut mir leid, Herr Lander, aber wenn Sie DAS wollen, benötige ich vorher hundert Gulden. "Hundert…" dem Bürgermeister verschlug es die Sprache. "Meine Familie ist arm, wissen Sie…". "Ich weiss, mein Kind, ich weiss", sagte er mit belegter Stimme und öffnete die Schublade des einzigen Tischs im Raum. Dort lag eine Menge Geld. Ob er im "Liebeszimmer" auch andere Frauen bezahlte für ihre Dienste? Wortlos nahm Sabea das Geld entgegen. Dann liess sie ihn gewähren. Sie war fiebrig erregt und spürte kaum, wie Martin Lander seinen gewaltigen Penis in sie hinein zwängte. Sabea verging Hören und Sehen, als er sie vögelte. Die Steinkette klatschte an ihre Schlüsselbeine, die dicken blonden Zöpfe öffneten sich und das offene Haar umfloss Sabeas Gesicht. Martin Lander entfesselte seine gesamte Energie. Ja, er hatte viele Frauen gehabt. Die Frau des Postbeamten mit ihren Hängebrüsten. Die Tochter des Deutschlehrers – mit einer Klitoris in der Grösse einer Nordseeperle. Und – last but not least – Sabeas Mutter Dragana mit ihrer unwiderstehlichen Zungentechnik. Sabea aber war die erste, die für ihre Dienste Geld verlangte. Den andern hatte er aus der Tischschublade lediglich Schweigegeld bezahlt. Die Lockenpracht von Sabeas Muschi faszinierte ihn. Er war der Ansicht, dass Haare dorthin gehörten – am besten möglichst viele. Diese neue Mode des Kahlrasierens liess ihn erschaudern. Er wollte ahnen, nicht sehen. Für ihn war Deftiges, Natürliches und Wildes angesagt. "Der Busch regiert die Welt", pflegte er stets zu seiner Frau Anina zu sagen. Diese lächelte verschmitzt. Martin Lander hatte ja keine Ahnung, dass der Fleischer, der Bäcker, der Postbeamte, der Deutschlehrer und – last but not least - Sabeas Vater Jonston sich zwischendurch, wenn Martin Lander im kleinen Regierungsgebäude arbeitete, an Aninas flammend rotem Busch erfreuten. Seufzend versank er wieder in Sabea. Diese stöhnte so laut, dass vor dem Kellerfenster einer der Hunde zu bellen begann – zum Glück jedoch nur kurz.Nach einem halben Jahr hatte Sabea genügend Geld beisammen. Die Ziegen erhielten neue Futterkrippen. Nina, Maute, Orina, Katja, Livia und Inger bekamen je eine Kette aus echten Perlen sowie Ledersandaletten, wie sie im Dorf noch keiner gesehen hatte. Ihr Vater erhielt eine Tabakpfeife aus einer französischen Manufaktur. Der Mutter schenkte sie ein langes schwarzes Kleid mit Samtbordüren. Den Küchenschrank füllte sie mit getrocknetem Hering, Matjes, Nudeln, Zucker, Salz, Mehl und Tee. In der kühlen Vorratskammer duftete es nach geräuchertem Speck und Nordseefisch.
Das Geheimnis, woher Sabea das viele Geld hatte, behielt sie für sich. Im trüben Licht der Petroleumlaterne wichen ihre Eltern dem gegenseitigen Blick aus. Jonston und Dragana ahnten, dass ihre Tochter sich ihnen zuliebe der "Zunft stöhnender Frauen" überantwortet hatte.
Man sprach aber nie darüber.

[(c) by Anita I.]