Sonntag, 19. Oktober 2008

Wenn ich nackt bin

Wenn ich nackt vor dem Spiegel stehe und an mir herunter schaue, frage ich mich schon, was sie an mir finden, die Männer. Leo, der Gemüsemann zum Beispiel, der jeden Donnerstag um 20:03 Uhr bei mir aufkreuzt, und Woche für Woche mit einer neuen Gemüsesorte, die er – gegen ein paar Euro – in mich rein steckt. Klaus, der 10fache Familienvater, dem es Lust bereitet, mich in die Nippel zu kneifen. Wunibald, der Knecht… damals, als er noch lebte. Drei Milliarden Schweizer Fränkli werden in der Schweiz mit Prostitution umgesetzt – ein Bruchteil davon bei mir, in meiner kleinen Mansarde an der Münstergasse. Die Dachwohnung ist nicht eben billig, wenn man bedenkt, dass sie bloss aus einem Schlafraum und einer Toilette besteht – die sich erst noch im Treppenhaus befindet. Im Moment mache ich mich schön für Thomas, den Fotografen. Er soll das Beste bekommen von mir – er bezahlt auch gut. Thomas tut nichts lieber als mich fotografieren – in der „Hündchenstellung“, wie er das nennt, oder „von hinten, am Fenster stehend“. Meine Brüste, die ganz keck ausschauen, scheinen ihn absolut nicht zu interessieren. Er steht mehr auf „innere Werte. Pospalte. Damm. Und, natürlich, Fötzchen. „Fützli“, sagt er liebevoll dazu – wenngleich er mich da noch kein einziges Mal berührt hat. „Jaaa, Brigitte, zeig mir Dys Fützli!“ In diesem Job arbeite ich ganz zufällig, natürlich, wie die meisten, die direkt darauf angesprochen werden. „Ehm… ja – ich bin ne ganz normale Berufsfrau, Physiotherapeutin, und verdiene als Nutte, temporär sozusagen, ein wenig Geld für meine Praxis in Murten. In 5 Monaten wird sie eröffnet – und dann arbeite ich wieder ganz normal mit Fangopackungen und so. Angezogen, versteht sich. Und topseriös. Im blickdichten Kasak. Mit Triumph-Sport-BH drunter. Und weissem Sloggy Slip, falls Dich das interessiert. In wenigen Minuten wird es klingeln, und der „Fützli-Fotograf“ steht vor der Tür. Er wird nicht viel Aufhebens machen, und ich auch nicht. Wir kennen beide das Ritual. Begrüssen, er Kamera auspacken, ich ausziehen. Zur Gänze. Er will mich immer völlig nackt. Keine Accessoires, Stiefelchen, Kettchen oder so was verabscheut er, der „Fützli-Fotograf“. Er will mit dem Objektiv direkt an meine Muschi; die Brüste sind für ihn, wie gesagt, ohne Bedeutung. Nur das Pfläumchen, mein spärlich behaartes Paradieschen für alle denkbaren (und undenkbaren) Sorten von Männern. Sie dürfen alles machen damit – oder fast alles. Wachs draufträufeln. Es mit einer Gurke traktieren. Den Schwanz reinschieben bis zum Anschlag. Es mit Daumen und Zeigefinger aufdehnen. Die Cliti reiben. Den Damm kitzeln. Alles. Eine Einschränkung allerdings halte ich aufrecht: Ich küsse nicht. Ich lasse mich nicht weich küssen von diesen Männern, womöglich könnte ich dann doch mal Verstand und Kontrolle verlieren – oder mich gar verlieben? Mein Mund ist also tabu. Da unten aber – na ja – ich arbeite einfach mit diesem Teil des Körpers, so wie eine Sekretärin mit den Händen. Oder ein Fussballstar mit den Beinen. Wenn der Gemüsemann bei mir war, muss ich mich jeweils hinlegen und Beckenbodengymnastik machen. Damit ich wieder frisch bin, und „eng“ für den Nächsten, der die knarrende Treppe hoch kommt.

Wenn ich nackt bin, hören sie auf mit Reden, die Männer. Sie zögern nicht lange, die Zeit läuft ihnen sonst davon. Sie nehmen mich einfach, und ich lasse mich von ihnen nehmen. Ja, auch anal. Martin hat kam damals als erster auf die Idee, mein Poloch zu untersuchen, im Könizbergwald. Er hat schwer geatmet dabei und mir den Daumen reingeschoben. Sonntagsspaziergänger kamen vorbei, und mir war die Sache peinlich. Er hat rasch eine Decke über mich gelegt, und dafür war ich ihm sehr dankbar. Als die Spaziergänger hinter dem nächsten Hügel verschwunden waren, hat er weiter gemacht, der Martin. Ob er das in einem Pornofilm gesehen hat? Mit einem tiefen Seufzer ist er in mich eingedrungen – oder hat es zumindest versucht. Wir hatten keine Gleitcrème dabei, und ich war da einfach zu eng für ihn. Da hat er sich einen runter geholt und auf meine Pobacken gespritzt. Heute bin ich ne Professionelle, obwohl ich, wie Ihr ja jetzt wisst, im Grunde Krankengymnastin (Schweiz: Physiotherapeutin) bin. Am Schlimmsten sind die Russen. Nein, ich bin keine Rassistin, beileibe nicht. Russen zahlen gut. Aber dann wollen sie ALLES. Oft sind sie zu dritt, zu viert. Sie machen wenig Worte, legen ihre Scheine auf den Tisch und ergreifen Besitz. Einer schaut immer zu, wie die andern meine Brüste kneten, meine Schamlippen zusammenpressen, ihre Schwänze in mich reinschieben oder mich würgen. Erniedrigung gehört bei denen irgendwie dazu und macht sie geil.

Am Liebsten ist mir der Fellmann. Er hat immer ein klitzekleines Pelzchen dabei, mit dem er über meinen Körper fährt, wenn ich nackt bin. Es kitzelt ein wenig, das Pelzchen, aber ich mag diese hauchzarte Berührung. Er kommt jedes Mal dann, wenn er bei meinen Kniekehlen angelangt ist. Wusste gar nicht, dass eine Frau mit ihren Kniekehlen Männer zum Orgasmus bringen kann. Beim Fellmann ist das aber möglich. Er trägt eine Hornbrille, macht auf Inkognito und muss ein grosses Tier sein in der Politszene. Nationalrat oder so. Zwischen den Sessionen taucht er dann bei mir auf und macht seine Fellspielchen, bevor er sich wieder den gewichtigen Geschäften widmet, die das ganze Land beeinflussen.

Wenn ich nackt bin und vor dem Spiegel stehe, frage ich mich schon, was sie an mir finden, die Männer.

[(c) by Anita I.]

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